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Jamie
Aus dem Tagebuch eines angehenden Blindenhundes

Meine Güte, so ein Gerotze! Hoffentlich verschont Simone mich mit ihrem Grippevirus. Das letzte Mal, als sie auf dem letzten Loch pfiff, steckte sie mich gleich mit an. Ich hoffe ihr seid alle gesund und munter und auch gut ins neue Jahr gerutscht. Dieses bescherte uns schon supertolle Wintertage mit viel Toben im Schnee. Auf den Straßen möge das Chaos angesichts 35 cm Neuschnee ausbrechen, auf den Waldwegen mögen die Menschen fluchend ins Rutschen geraten, aber für uns Hunde ist es der Himmel auf Erden. Beim Hindurchrasen wirbeln hunderte kleine weiße weiche Kristalle auf und benetzen mein Fell. Ich hüpfe über die höchsten Schneewehen oder schmeiße mich mitten hinein. Aber - alles hat mal wieder ein Ende. Allerdings trauere ich Dingen nie nach, ich nehme immer alles wie es kommt, auch das Wetter. Beim Tau- und Regenwetter war es ein Gaudi dem Ball durch die Pfützen nachzujagen. Hinterher sah ich einem schoko-braunen oder schwarzem Labrador ähnlich. Das folgliche Abduschen fand ich nicht wirklich nötig, aber Simone zuliebe ließ ich es mir gefallen.

Den kleinen, blauen auf und nieder hüpfenden Gummiball liebe ich sehr. Nur Simone wirft ihn oft in die falsche Richtung. Drum habe ich ihn gestern, statt ihn zurückzubringen, einen Abhang runtergeschleudert und bin todesmutig hinterhergehechtet. 80 m weiter unten fing ich ihn endlich und krabbelte ohne Bergsteigerausrüstung wieder hinauf. Unverständlicherweise wollte Simone dieses Spiel nicht wiederholen.

Dafür konnte ich sie überreden heute mit mir in die Spielstunde der Hundeschule zu gehen. Ich hatte nämlich eine wichtige Verabredung. Nein, nicht mit Bessie oder Pat, meinen alten Kumpels, sondern mit einer erst kürzlich aufgetauchten schwarzen, wunderschönen Labradorhündin. Marusa sagt zwar, die sei nicht nur zu klein geblieben, sondern Bewegung und Figur glichen auch noch einer Walze, aber ich finde, sie hat einen Gang wie eine Elfe und ich sah nie eine elegantere Hundefrau. Und dieser Geruch!! Mamma mia! Selbst Marusas Prinzessinnengehabe verblasst vor dieser Schönheit. (Da Marusa allerdings kastriert ist, kann sie eh nicht mitreden) Wir spielten und tollten das letzte Mal nur miteinander und ich hätte auch gerne mehr gewollt. Nur die Menschen nicht. Sie versprach mir heute wieder da zu sein, was auch so war. Aber der große Leonbergerrüde stahl mir die Schau. Bei dominanten Hunden (Hündinnen wie Rüden) bin ich eher vorsichtig und werf mich mal schnell mit beschwichtigendem Blick auf den Rücken. Das klappt immer soweit, dass mir Keiner was tut. Aber meine Liebste habe ich verloren. Frauen sind so unberechenbar und untreu. Sie gehen immer nur nach Körperkraft, dieser Zottelheini hat doch mit Sicherheit nicht halb soviel Grips wie ich. Wieder zu Hause verkrieche ich mich in mein Hundebett und trauerte.

"Jamie- Abendbrot" oh, wie ich dieses Wort liebe. Ja, ich bin ja schon hier! "Aha. Essen verbessert, da brauchst du wohl doch keine Antidepressiva." Ich weiß nicht wovon sie redet, aber es schmeckt. Mit einer ordentlichen Mahlzeit im Bauch geht es mir schon echt besser.

Und als Simone dann noch mit mir Affe suchen spielt, ist der Kummer vergessen. Der Affe ist ein Plüschtier mit langen Armen und Beinen, den wir im Sommer aus dem Zoo Herberstein mitgebracht haben. Man kann dran zerren, ihn werfen und bringen oder ihn suchen. Bei Letzterem muß ich auf dem Flur sitzen bleiben, bis Simone ihn versteckt hat. Dann muß ich ihn nach Aufforderung suchen und finden. Das gelingt mir natürlich meist spontan. Ich kenne Simones Lieblingsverstecke auch schon alle.

Nach einem ereignisreichen Tag fallen mir die Augen zu, drum müsst ihr euch gedulden bis zum nächsten Mal.

Euer Jamie

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© 2004 by Simone
Erstellt am Mi, 04.02.04, 10:50:19 Uhr.
URL: http://www.anderssehen.at/hund/jamie6.shtml

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