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Doppelter Schatz bei Frau Batz

Meine liebste Lieblingsfreundin, und das schon seit Kindertagen, ist Gretel. Was haben wir schon zusammen erlebt und miteinander geteilt. Nur unsere Männer nicht. In all den Jahren, Jahrzehnten, haben wir beide uns über unsere Männer ausgetauscht, aber nie hatten wir einen der Freunde in Echt erlebt. Nun ergab sich für mich die Gelegenheit Hänsel leibhaftig kennen zu lernen. Ich hatte schon viel von ihm gehört, ein Foto gesehen.... der Abend näherte sich. Wir wollten uns bei Karin treffen und dann gemeinsam in die Frau Batz gehen, ein Frankfurter Lokal mit Kleinkunstbühne. Aber davon später.

Wir beiden Weibse waren aufs Äußerste pubertär aufgeregt. Ich rannte mehrmals auf's Klo, während Gretel sich an ihre Zigaretten krallte. Was wäre wenn wir einander blöd fänden und meine Freundin in die Zwickmühle käme? Oder sie mich plötzlich mit andern Augen sähe? Die wahre Ulrike? Die Spannung stieg. Endlich die Erlösung. Hänsel kam. Er war mir sympatisch, besonders, weil meine Freundin ihn liebt, aber die machte eine seltsame Wandlung innerhalb einem Bruchteil von Sekunden durch. Eine Außerirdische mußte von ihr Besitz ergriffen haben, denn sie flötete in den höchsten Tönen, zirpte und lachte, und mir war nicht möglich zu ergründen, was der Anlaß hätte sein können. Sowohl Hans, wie auch das Alien litten an hormonbedingter Amnesie, denn sie konnten sich offensichtlich nicht mehr an ihre Namen erinnern. Ich saß am Tisch, schaute von rechts nach links und umgekehrt und hörte verwirrt wie "Schatz" mit "Schatz" sprach. Dass der Austausch von Belanglosigkeiten dermaßen glücklich machen kann! Unglaublich! Ab und an holten sie Luft, um sich zu küssen. Ich holte auch Luft, in der Hoffnung, man würde mich bemerken oder gar mit mir sprechen!! Keine Chance.

Die Zeit lief und wir wollten zur Frau Batz. Der eine Schatz zog sich eine Wollmütze übers schüttere Haar, das Alien raffte das Handtäschchen. Und ich rüstete mich auch. Draußen schien es mir überlebenswichtig, meine Anwesenheit lauthals zu verkünden, denn ich brauche jemanden der mich führt, sonst finde ich den Weg nicht. Schatz litt an Verlustangst, aber der Wollschatz kaute ziemlich laut sein Bonbon und war hörbar dicht auf unseren Fersen. Nach einiger Zeit erreichten wir die Frau Batz.

Das Stück, was es zu sehen gab, hieß "Daphne Zahn zieht in die Welt". Ein Stück mit drei Personen. Wir wurden freudig begrüßt, da erst zwei Gäste eingetroffen waren. Die Künstler verkündeten voller Elan, dass sie gerne für uns spielen und wir nahmen Platz. Davon gab es genug.

Hinter dem verschlosssenen Vorhang hörten wir Nachrichten. Erst bei genauerem Zuhören dämmerte uns, dass es sich um sehr spezielle Botschaften handelte, die nicht von dieser Welt sein konnten.

Vorhang auf! Die drei Hauptdarsteller präsentierten sich auf Kunstrasen. Im Hintergrund ein Tischlein in Form einer aufgeschnittenen Zitrone, daneben zwei Kinderhocker in Rot und Grün. Plastikblumen überall, auch um die Tafel mit dem noch leeren Papier. Georg, ganz in Rot gekleidet, begrüßte Daphne Zahn, die mit hochgesteckten Haaren, enorm großen Augen und total in Gelb erschien. Am Klavier ein Typ in Grün. Seinen Namen habe ich leider vergessen. Kermit hieß er jedenfalls nicht.

Was folgte, war dermaßen irrwitzig, dass ich nach 10 Minuten aufgab zu verstehen, sondern nur noch auf mich wirken ließ. Gute Methode, denn dann war ich so entspannt, dass ich richtig genießen konnte.

Daphne Zahn hielt einen Vortrag, warum ihr Nägelkauen nicht zu Warzen an den Händen geführt hatte. Dabei ließ sie die langen Silberkrallen lässig übers Rednerpult hängen. Dann eine Statistik über die Auswirkungen von farbigen Küchen auf die Lebensdauer der Besitzer. Es bringt 1 1/3 Tage! Daphne pfllückte eine Kakerlake vom Boden, um sie an den blauen Kühlschrank zu kleben. Jeder weiß, daß das Hantieren mit Tesa alle Aufmerksamkeit braucht. Die Gummikakerlake wurde zwischen die Zähne geklemmt. Furioses Duett mit Georg, das in erschöpftem Niedersinken auf den Kunstrasen endete. Das nächste Ziel von Daphne Zahn ist der Amazonas (ihre Schwester ist Amateurastronautin und macht das All unsicher) und dazu braucht sie eine Bluse. Georg, als Verkäufer einmalig, krallte sich weinend an das gute Stück, denn er ertrug es nicht, dass die Kundin eventuell schon morgen etwas günstigeres, besseres erstehen könnte. Die Kundin brachte ihren ganzen Charme und ihre Überredungskunst auf, um die schweißfeuchte, zerknüllte Bluse aus den verkrampften Fingern des Verkäufers zu lösen..... uff... dann "verdrückte sich" Daphne Zahn. Sie verschwand nicht einfach, sondern bediente bei einem Fragequiz zur Unzeit die Klingel. Vor einigen Monaten hatte ich Georg bei einer solchen Sendung- in ECHT!! - im Fernsehen gesehen. Er verarbeitete nun seine Niederlage, weil er sich verdrückt hatte. Daphne Zahn hatte zwar die richtigen Antworten, aber keine Chance beim Quizmaster. Der entwickelte eindeutig ein Faible für den Gegenkandidaten, die sich in Hähme und Triumpf und später in einer fremden Fantasiesprache gegen Daphne verbündeten. Während sich die beiden Männer verabredeten und gemeine Kommentare in ihre Krägen murmelten, kochte Daphne Zahn vor Wut. Ein paar Strähnen aus der Hochfrisur lösten sich.

... nächste Sequenz. Ohne Ton hätte man meinen können, es handele sich um ein Duett zwischen Liebenden (die beiden Schätze waren erstaunlich ruhig), aber der Inhalt des Liedes handelte eindeutig von Warzen und deren Ansteckung und dass der andere auch bald ein Warzenschwein sei... was hab ich gelacht!!

Mehr konnte ich mir nicht merken. Irrwitzige, kuriose Fragmente. Rollende Augen, Farben die wechselten, nicht die Bohne langweilig. Sehr anregend. Allerdings hatten gleich zu Anfang die ersten zwei Gäste den Saal verlassen. Die hatten echt was verpaßt.

Wir tranken noch eine Cola, Schatz teilte mit Schatz seine Eindrücke und Freude und wir zogen zu dritt heim. "Wir" plauderten noch ein Stündchen, dann durfte ich auf die Gästecouch und die beiden Schätze betteten sich auch.

Morgens, zur Unzeit um 7.30 Uhr, hörte ich das Alien kichern. Das war DER Beweis!! Meine Freundin Gretel steht immer erst Mittags auf, ist erst nach einem Kaffee bei Bewußtsein und vor allem ansprechbar. Eher nicht. Ich lag da und staunte. Zwei Stunden lang, dann gab es Frühstück.

Es gelang mir, mich in ein Gespräch einzuklinken und ein Dialog zwischen dem männlichen Schatz und mir entsponn sich. Das Alien flippte aus. Sie sei überflüssig! Sie säße da wie beim Pingpongspielen... ich warf ein, dass ich diese Zuschauerrolle schon seit dem letzten Abend inne hatte und nun auch mal... Der Schatz gab mir verständnisvoll recht. Dem Gast müsse man auch mal etwas "Raum" lassen. Recht hat er, schließlich ist er Psychologe !! Die Außerirdische röhrte, was denn hier abginge... und überhaupt! Die Anwort unisono: Gruppendynamik. Da mußten wir drei lachen und ich ließ Schatz ihren Schatz, schmierte mir ein wenig Honig aufs Brot und ums Maul, denn mir war klar, hier muß ich allein dafür sorgen.

Ulrike Geilfus

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© 2002 by Ulrike Geilfus
Erstellt am Fr, 16.09.05, 08:01:19 Uhr.
URL: http://www.anderssehen.at/alltag/passiert/schatz.shtml


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